/  
  /  
  /  
  /  
Anleitung zur Infrarotfotografie - So wird's gemacht!


Infrarotfotografie!
Schonmal gehört? Nur beiläufig? Noch garnicht? Nicht verwunderlich, denn die Infrarotfotografie ist ein noch recht unbekanntes Genre der Fotografie. Bewaffnet mit einer geeigneten Kamera eröffnet sich bei der IR Fotografie für den Fotografen eine ganz neue Realität. Hier beschreibe ich wie es funktioniert bzw. wie man es richtig macht und was man dazu braucht.



Für den Kenner ist ein echtes IR Foto von einem, welches nur eines sein möchte, schnell zu unterscheiden. Für Photoshop, Lightroom etc. gibt es zwar so einige Presets die aus einem normalen Foto ein Bild mit Infrarot-Look erstellen, doch das sind nur Simulationen und nicht besonders gute noch dazu. Das echte und typische Aussehen eines Infrarot Foto's lässt sich mit nachträglicher Bildbearbeitung nicht einwandfrei nachahmen.


Was macht Infrarot Fotos so besonders?


Infrarotfotografien haben ein ganz besonderes Aussehen und werden vor allem bei Landschaftsaufnahmen eingesetzt. Das hat einen speziellen Grund! Chlorophyll, ein grüner Farbstoff welcher während der Photosynthese in Pflanzen entsteht, reflektiert besonders stark infrarotes Licht. Die logische Konsequenz daraus ist, dass der Infrarot Effekt bei Pflanzen und Gräsern am stärksten zu beobachten ist - der so genannte Woodeffect.

Lange Rede kurzer Sinn. Um dies zu veranschaulichen, hier ein fix fertiges Infrarotbild (anklicken zum Vergrößern):

ir foto landschaft bach
Ein IR Foto kommt so nicht aus der Kamera. Abgesehen von einigen Dingen die man schon bei der Aufnahme beachten muss, sind noch einige Arbeitsschritte bei der Nachbearbeitung notwendig. Ein typisches Merkmal von Infrarotbildern sind die weißen Blätter bzw. Gräser, da eben diese das IR Licht am stärksten Reflektieren. Das erzeugt bei vielen Bildern den ganz besonderen Charme einer Märchenlandschaft. Oft werden IR-Fotos deshalb auf den ersten Blick mit Winterlandschaften verwechselt, obwohl diese im allgemeinen bei Hochsommer entstehen.


Welche Ausrüstung brauche ich für die Infrarotfotografie?


Das kommt darauf an wie engagiert man sie betreiben will! Wer es wirklich ernst meint, besorgt sich eine umgebaute Kamera, die so schließlich nur noch für die IR-Fotografie einsetzbar ist. Hintergrund ist der, dass sich vor dem Sensor von vielen handelsüblichen Kameras ein IR Sperrfilter befindet, der infrarotes Licht zum größten Teil herausfiltert. Der Grund hierfür ist, dass infrarotes Licht bei herkömmlichen Bildern für Farbverfälschungen und/oder leichte Unschärfe sorgen kann. Bei einem Umbau der Kamera auf Infrarotfotografie, wird der Tiefpassfilter vor dem Sensor der Kamera entfernt bzw. gegen einen IR durchlässigen Filter getauscht.

Da dies eine nicht ganz billige Angelegenheit ist, beschreibe ich hier den für Einsteiger günstigeren Weg eines auf das Objektiv aufschraubbaren Sperrfilters für sichtbares Licht. Im konkreten Fall mit dem Hoya R72 IR Filter, den auch ich verwende. Wer sich dennoch für einen Umbau seiner Kamera auf IR interessiert, findet am Ende des Artikels mehr Informationen.

Wichtig anzumerken ist auch, dass manche Kameras einen so starken IR-Sperrfilter vor dem Sensor platziert haben, dass dieser so gut wie kein infrarotes Licht mehr vordringen lässt. Die Nikon D7000 ist z.b. nicht gerade ideal für IR Aufnahmen, da deren Sperrfilter recht stark ist - sie ist gerade noch so einsetzbar für die Infrarotfotografie!
Auch das Objektiv sollte sich eignen, denn manche erzeugen bei IR-Aufnahmen Schlieren oder kreisförmige Flecken im mittleren Bereich des Bildes. Ein geeignetes Nikon Objektiv wäre z.b. das Nikon 16-85mm VRII. Eine Liste von IR tauglichen bzw. untauglichen Canon Objektiven findet man hier: Lens Summary for IR


Wie kann ich feststellen, ob sich meine Kamera für Infrarotfotografie eignet?

fernbedienung-ir-diode
Das kann jeder ganz schnell mit einem einfachen Mittel testen: Die Fernbedienungsmethode!
Und die funktioniert so: Man nehme eine handelsübliche Fernbedienung (z.b. von einem Fernseher) stelle die Kamera bei ISO 100 und Blende 5.6 auf 1/2 Sekunde Belichtungszeit und fotografiert die vorne an der Fernbedienung liegende IR Diode, während man eine beliebige Taste auf der FB gedrückt hält.
Sieht man auf dem Foto die IR-Diode der Fernbedienung leuchten, dann: Perfekt! Sieht man nichts, hat man leider Pech gehabt. Erkennt man nur ein schwaches leuchten (so wie bei der D7000) muss man sich damit abfinden, dass die IR Fotografie nur eingeschränkt möglich ist.


Folgende Dinge werden für ein gelungenes IR-Foto benötigt

 

  1. Ein Filter der sichtbares Licht nahezu aussperrt und hauptsächlich den langwelligen, infraroten Bereich zum Sensor vordringen lässt.
  2. Eine geeignete digitale Kamera mit der Langezeitbelichtungen möglich sind.
  3. Ein Stativ
  4. Bildbearbeitungssoftware, mit der nachträglicher Weißabgleich und Kanaltausch von Farbkanälen möglich ist (z.b. das kostenlose GIMP).


Ein geeigneter und sehr empfehlenswerter Filter ist, wie bereits erwähnt, der Hoya R72 IR Filter. Um diesen mit mehreren Objektiven verwenden zu können, empfiehlt sich ein Step-Up Ringe Set, welches ich auch schon im Artikel zu Polfilter und Graufilter behandelt habe.


Vor dem Infrarotfoto


Im Gegensatz zur herkömmlichen Fotografie empfiehlt es sich, zur Mittagszeit, bei möglichst schönem Wetter zu fotografieren. Je mehr die Sonne vom Himmel knallt, desto besser, das verkürzt die Belichtungszeit auf ein Minimum. Zudem sollte es möglichst windstill sein, da ansonsten durch die längeren Belichtungszeiten Pflanzen, Bäume und Gräser auf dem Foto verwischen und dadurch unscharf werden können.
Sind all diese Bedingungen vorhanden, sind folgende Schritte notwendig um eine erste, taugliche Infrarotaufnahme in den Kasten zu bekommen:

  • Geeignetes Motiv suchen
  • File Format auf RAW Modus stellen (wichtig für späteren Weißabgleich)
  • Kamera auf das Stativ schnallen und manuell Modus aktivieren
  • Bildausschnitt wählen
  • Fokus auf manuell schalten
  • Manuell Fokussieren
  • Gegebenenfalls Bildstabilisator deaktivieren
  • Hoya R72 IR Filter auf das Objektiv schrauben
  • Richtige Belichtungszeit finden
  • Feuer


Bei knallendem Sonnenschein sollte bei einer Blende von 3,5 und ISO 200 eine Belichtungszeit von 10 Sekunden ungefähr hinkommen, je nach Kamera und dessen IR-Sperrfilter vor dem Sensor kann es auch mehr oder weniger sein. Sollte der Wind wehen, sollte man die Belichtungszeit verkürzen und dafür die ISO erhöhen. Aber Vorsicht, das vermindert die Bildqualität aufgrund von höheren Bildrauschen!
Wichtig ist auch, möglichst so zu belichten, dass das Bild gerade noch nicht überbelichtet ist. Das macht flexibler bei der späteren Bildbearbeitung, da so mehr Qualitätsreserven im Bild stecken.


Nach dem Infrarotfoto


Out of the Cam bekommt man - ohne vorherigen Weißabgleich - erst einmal ein sehr rot-knalliges IR Bild.

infrarotfoto ohne weißabgleich
Jetzt sind einige Arbeitsschritte notwendig, in der nachfolgenden Beschreibung erkläre ich den Workflow in Verbindung mit Lightroom und Photoshop.

  • RAW Datei in Lightroom importieren
  • Weißabgleich durchführen

 

Durch den Weißabgleich ist schon einiges vom Rotstich weggenommen. Es ist sehr wichtig einen Weißabgleich durchzuführen, ansonsten hat man nach der abgeschlossenen Bearbeitung ein knallig blaues Infrarot-Foto. Nach dem Weißabgleich hat sich schon eine deutliche Verbesserung eingestellt:

IR Foto nach Weißabgleich
Wie zu sehen, besteht selbst nach dem Weißabgleich noch ein deutlicher Rotstich. Das liegt daran, dass mit Adobe Camera RAW (also in weiterer Folge mit Lightroom und Photoshop) kein Wert unter 2.000 Kelvin beim Weißabgleich möglich sind. Wer das gleiche Problem hat, findet hier eine Lösung: Infrarot-Kameraprofile für PS und LR
Das heisst aber nicht, dass man das machen muss! Das oben gezeigte Bild habe ich ohne weitere Anpassung der Farbtemperatur verarbeitet. Je nach IR Foto muss man selbst entscheiden, ob es notwenig erscheint, oder nicht.


Kanaltausch - Die letzten Schritte

 

  • Bild in Photoshop öffnen (in Lightroom Rechtsklick auf das Bild -> Bearbeiten in -> Bearbeiten in Photoshop)
  • Auto Tonwertkorrektur durchführen (CRTL+L -> Schaltfläche Auto klicken -> OK)
  • Farb-Kanalmixer öffnen
  • Kanal Rot wählen -> Rotkanal von 100% auf 0% und Blaukanal von 0% auf 100% stellen
  • Kanal Blau wählen -> Blaukanal von 100% auf 0% und Rotkanal von 0% auf 100% stellen

 

That's it, der Großteil ist damit geschafft. In Lightroom nehme ich je nach Bild dann noch einige Korrekturen vor wie z.b. die Sättigung von Blau etwas zu reduzieren, da ein leichter Blaustich in der Regel noch übrig bleibt. Man kann ggf. auch mit den Werten von Rot und Blaukanal experimentieren. Je nach Bild können sich höhere oder niedrigere Werte positiv auswirken.
Auch sei noch erwähnt, dass die Beispielbilder hier mit einer Nikon D7000 erstellt worden sind. Diese ist, wie bereits erwähnt, für die Infrarotfotografie nicht unbedingt ideal. Das Beste ist ohnehin, eine für die IR-Fotografie umgebaute Kamera zu verwenden. Was mich zu meinem letzten Punkt führt.



Wie kann ich meine Kamera für die IR Fotografie umbauen?


Wer auf den Nervenkitzel von Garantieverlust und Totalschaden steht, findet auf lifepixel.com hervorragende Anleitungen zum Selbst-Umbau vieler verschiedener Kameramodelle:

Angeboten wird allerdings auch ein Umbau der Kamera von erfahrenen Profis, das wäre grundsätzlich natürlich vorzuziehen, denn bei so einem Umbau handelt es sich um alles andere als einen banalen Eingriff.


Wer seiner Kamera keine lange Reise zumuten möchte, findet hierfür auch einen Anbieter in der Schweiz:


Ich hoffe ich konnte etwas sichtbares Licht in den Infraroten Dschungel bringen, solltest du weitere Fragen haben dann benutz einfach die Kommentarfunktion.


daily-deal



Beliebteste Beiträge

Amazon Buy-VIP

Neueste Bilder